ReiseBerichte | Neuseeland


Entdeckungen in Neuseeland | Die Wunderwelten der Natur | Teil 2

Die Route einer Rundreise durch ganz Neuseeland führt meist zwingend auf der Nordinsel in Wellington zum Fährbahnhof, wo der Reisende mit dem Fährschiff auf die Südinsel übersetzt. Auf dem Wasserweg über die Cook Street braucht das Fährschiff für die 96 Kilometer bis zum Hafen in Picton knapp vier Stunden. Auch zur Hochsaison ist auf dem gut gebuchten Schiff der Linie Kaitaki sogar noch ein Fensterplatz auf dem Level der 8. Etage zu finden.


Auf den Marlborough Sounds


Die Fjorde nennen sich Sound

Die guten Plätze zum Fotografieren finden sich auf dem geräumigen Deck Level 9. Und hier gibt es jede Menge Motive, denn das Schiff durchfährt auf dem letzten Teil der Strecke nach Picton die Marlborough Sounds.

Zu beiden Seiten des Ufers erheben sich imposante Felsen und malerische Bergzüge, entstanden in der letzten Eiszeit, as sich der Meeresspiegel hob und viele Küstentäler unter Wasser setzte. Mancher Reisende fühlt sich an Bilder in Norwegen erinnert. Die von Bergen eingerahmte Wasserstraße sieht aus wie ein Fjord, trägt aber den Namen Sound.

Eine schlichte Erklärung in der Literatur meint, dass es zu Zeiten der Entdeckung der Wasserstraße im Englischen noch kein Wort für Fjord existierte. (So what). Die Touristen scheren sich nicht um den Begriff. Sie sind einfach nur von den Naturschönheiten begeistert, wenn sie oft nach aufgewühlter See zwischen Nord- und Südinsel nun im geschützten Malborough Sounds dahin gleiten.

Bildunterschrift: Am Ufer der Marlborough-Sounds


Der Milford-Sound oft verregnet

Doch dieses Naturerlebnis vor dem Landgang auf der Südinsel ist eigentlich nur ein kleines Vorspiel für den Besuch des berühmten Milford Sound. Er ist der bekannteste der insgesamt 15 Fjorde, die sich im Nationalpark Fjordland im Südwesten der Südinsel befinden. Es gibt nur eine Straße zum Milford Sound. An diesem alpinen Highway befinden sich Startpunkte von Wanderwegen und der Mirror Lake, der parallel zur Straße mehrere Aussichtspunkte hat, in dem sich schon am Morgen in beeindruckender Schönheit die Berge widerspiegeln.



Am Tag meiner Tour durch den Milford Sound ist der Himmel grau, ein leichter Nieselregen fällt aus den tief über den Bergen hängenden Wolken. Wie Neuseelandkenner wissen, ist diese Wetterlage nicht untypisch und herrscht leider mehr als die Hälfte des Jahres. Zwar scheinen manche Neuseeland-Gurus das Regenwetter als Glücksfall anzusehen, weil sie die Wasserfälle kräftiger herausquellen lassen und für bizarre Nebelformationen sorgen. Doch ist unverkennbar, dass die Sonne erst die bezaubernde Schönheit des Fjords in seiner Ganzheit offenbart – wenn sie scheint.


Fotomotiv sind Robben und Delphine

Die Sonderstellung des Milford Sound besteht darin, dass er sich mit steilen Wänden mehr als 1000 Meter über dem Meer erhebt. Besonders attraktiv ist für die Fahrgäste der Schiffe, dass der 15 Kilometer lange Milford Sound an vielen Stellen mit weniger als 1000 Meter Breite, äußerst schmal ist. Besonders spektakulär sind die Wasserfälle wie der Bowen Falls.


Robben-Felsen


An diesem Tag sind mehr als die Hälfte der Passagiere Touristen aus China, die zumeist mit großer Familie einschließlich Großeltern reisen. Plötzlich ein einziger spitzer Aufschrei aus hunderten Kehlen der Chinesen. War beim halsbrecherischen Fotografieren auf dem oberen Deck ein Landsmann über Bord gegangen? Zum Glück nicht. Es wurden rechts neben dem Schiff Delphine gesichtet und alle chinesischen Gäste stürzen wie auf Kommando an die Seite der Reling und der Fenster. Die Delphine tauchen leider nicht mehr auf, aber dafür aalen sich an einer Stelle des felsigen Ufers Robben auf großen Felsen am Ufer. Die Tiere lassen sich weder durch Boote mit wild fotografierenden Touristen noch durch Nieselregen den Spaß verderben.


Faszinierende Küstenlandschaften

Ebenso vielfältig wie sich die Natur in Neuseeland mit Vulkanen und Geysiren, Fjorden und Gletschern darstellt, präsentiert sich auch die Küste von Neuseeland. Sie ist so bizarr geformt wie romantisch gestylt, verfügt über lange einsame Strände, die durch Felsen zerklüftet sind wie auch über feine weiße Sandstrände, die zum Sonnen und Baden einladen. Mit mehr als 15.000 Kilometer besitzt das relativ kleine Inselland im Südpazifik eine der längsten Küstenlinien auf der Welt (10. Platz). Während die Nordinsel, geprägt durch seine Vulkane, sich durch mildes Klima auszeichnet und an der Ostküste durch goldgelbe Strände fasziniert, verändert sich auf der weniger besiedelten Südinsel das Bild. Es wird unter anderem durch die Gebirgsketten mit Gletschern und die schroffe Westküste geprägt.



Aber auch die Ostküste der Südinsel bietet spannende Erlebnisse. Dazu zählen die Moeraki Boulders. Dabei handelt es sich um recht große runde Kugeln aus grauem Stein, manche bis zu einem Durchmesser von zwei Metern, die auf dem Sandstrand verteilt sind. In einem über Dutzende von Millionen Jahren währenden Erosionsprozess bildeten sich diese Kugeln heraus. Berühmt machte sie erst der Tourismus, für den mittlerweile ein Informationszentrum nebst Cafe und Souvenirshop errichtet wurde.


Gletscher in den Südlichen Alpen

Die Gebirgszüge auf der Südinsel werden ohne Übertreibung als die „Südlichen Alpen“ bezeichnet. Immerhin erreichen 17 Gipfel eine Höhe von mehr als 3000 Meter. Wie auch die Alpen in Europa haben die Neuseeländischen Alpen ihre Gletscher. Ihre Eiszungen reichen weit hinab in die Regionen des Regenwaldes und der Küste und wie in Europa sind sie durch die Klimaveränderung teilweise auch auf dem Rückzug. Das eisige Zentrum bilden die nicht weit entfernt voneinander liegenden Franz Josef Gletscher und der Fox Gletscher. Naheliegend für die Touristen wurde die kleine Ortschaft Weheka gleich in „Township Fox Glacier“ umbenannt. Wie in Österreich oder der Schweiz führen viele Wanderwege zu den Gletscherzungen.



Nur sechs Kilometer vom Fox-Gletscher entfernt liegt der Lake Matheson. Sensationelle Sichten auf den Gletscher verspricht eine Wanderung rund um den See. An einigen Aussichtspunkten spiegeln sich die Berge und Gletscher auf der Seeoberfläche wider. Außerdem schlägt den Besucher der an den schmalen Pfad um den See angrenzende Urwald mit seinen riesigen Baumfarnen in seinen Bann. Später auf der Straße ein noch intensiveres Erlebnis des Urwaldes. Die Strecke führt scheinbar mitten durch sehr dichtes undurchdringliches grünes Buschland, das wie eine grüne Mauer die Fahrbahn säumt. So hat es früher nahezu überall in Neuseeland ausgesehen, ehe die Besiedlung vor rund 700 Jahren durch die Maori, die Ureinwohner Neuseelands und später durch die Europäer den Urwald zurück drängte.


Land der langen weißen Wolke

Was sind die bunten Motive der Postkarten, die es im digitalen Zeitalter in einigen Shops in Auckland und Wellington immer noch gibt, gegen die beeindruckende Wirklichkeit. Und manche Fotos, von den langen felsigen Küsten, Gebirgszügen, Fjorden und Gletschern wirken mit kräftigen Farben so perfekt wie ein gemaltes Bild.

Diese Effekte schafft kein Fotoshop, sondern ein besonderes Leuchten über Neuseeland. Hier herrscht noch eine gänzlich klare Luft, nahezu staubfrei fernab dem industrialisierten Europa.

In Neuseeland fehlen seit jeher die Industrieschlote und ein übriges tun die starken Meereswinde, die den Staub hinaus in die Weiten des Pazifik blasen. Und allerorten thronen über den Bildmotiven bizarr geformte Wolkenfelder und schaffen mitunter eine melancholische Stimmung. Die Maori nannten deshalb ihre Heimat das Land der langen weißen Wolke.

Bildunterschrift: Cardrona Valley auf der Südinsel


Einzigartig klarer Himmel

Mitten im Herzen der Südinsel zwischen den schneebedeckten Gipfeln der Südalpen und den schier endlosen Graslandschaften befindet sich das Aoraki Mackenzie County. Diese Region auf 700 Meter Höhe hat einen einzigartig klaren Himmel. Im Jahr 2012 wurde das 4300 Quadratkilometer große Gebiet zum International Dark Sky Reservat erklärt, das einzige seiner Art in der südlichen Hemisphäre. Auf dem 1000 Meter hohen Mt. John wurde das führende astronomische Forschungszentrum Neuseelands errichtet.



Das Observatorium kann man auf einer Serpentinenstraße bequem mit dem Auto erreichen. Hier oben ist ohne künstliches Licht der Nachthimmel besonders gut zu beobachten. Die ersten zwei Lektionen, die der laienhafte Sterne Gucker lernt, wenn er die Sterne und Galaxien betrachtet und die Milchstraße sieht: Nur in der südlichen Hemisphäre ist das markante Sternzeichen, das Kreuz des Südens, mit seinen vier hellen Sternen zu erblicken. Auch die sauberste Luft Neuseelands kann nicht helfen, wenn der Sternenhimmel durch Wolken verdeckt ist.

Text und Fotos: Ronald Keusch, März 2018