ReiseBerichte | England


Landschaft der britischen Romantiker

Unterwegs im Nationalpark "Lake District" im Nordwesten Englands

Das kleine Örtchen Ambleside im nordenglischen Lake District (kurz Lakes) hat im diesjährigen Sommer einen guten Grund zum Feiern. Ambleside mit seinen knapp 3.000 Einwohnern ist dank seiner zentralen Lage am nördlichen Ufer des größten Sees der Region Windermere der Ausgangspunkt für Bergwanderer und Mountainbike-Touren.


Am Ullswater-See


Der Touristenort ist sozusagen eine der kleinen und feinen „Hauptstädte“ dieser Region, die im Juli dieses Jahres weltweit zu großer Ehre gekommen ist.

Die UNESCO hat den britischen Nationalpark Lake District zum Weltkulturerbe erhoben. Damit stehen 31 Orte in Großbritannien auf der Welterbeliste. Am bekanntesten ist das prähistorische Stonehenge.


Pittoreske Ästhetik des Nationalparks

Die Gegend des Lake Districts wird als Wiege der britischen Romantik angesehen. Dafür stehen solche Schriftsteller wie Beatrix Potter, William Wordsworth und John Ruskin, die sich von den Seen und Bergen inspirieren ließen. Sie regten dazu an, dass eine der romantischsten englischen Landschaften in wachsender Zahl die Naturliebhaber und Wanderer vorrangig aus dem eigenen Land anzog. Deshalb steht der Lake District als Weltkulturerbe und nicht als Weltnaturerbe auf der Liste.


  • Glenridding
  • Landschaft bei Kendal

Die Juroren hoben in ihrer Begründung die "pittoreske Ästhetik" des Nationalparks hervor, der den Künstlern Anregungen gab. Schon seit langem hat sich die herbe landschaftliche Schönheit des Lake Districts innerhalb wie außerhalb von England herumgesprochen. Jährlich kommen laut der Zahlen des Fremdenverkehrsamts fast 20 Millionen Besucher in die Seenlandschaft. Deshalb gilt es für die Interessanten seit vielen Jahren besonders in der Sommersaison, möglichst rechtzeitig in der Region ein Quartier zu buchen.


Kreuzfahrten auf dem Windermere-See

Die vielfältige Landschaft ist geprägt durch die rund 1000 Meter hohen Cumbrien Mountains, die die Szenerie und meist den Hintergrund von zahlreichen idyllischen Seen ausstaffieren. Und es ist besonders die Melange aus Bergen und Seen, Wäldern und Wiesen  sowie als Sahnehäubchen die  malerischen kleinen Orte, die den Lake District zu etwas ganz Außergewöhnlichem machen.

Insgesamt sind in der Region 17 Seen angesiedelt. Der größte See, der auch über einige Inseln verfügt, ist der Windermere-See mit einer Länge von 17 Kilometern und der erstaunlichen Tiefe bis zu 70 Metern.


  • Auf dem Windermere-See
  • Auf dem Windermere-See
  • Auf dem Windermere-See

Die Umgebung des Sees ist mehr durch grüne Hügellandschaften geprägt als durch schroffe Felsformationen. Sie wirkt daher eher lieblich als wildromantisch. Seekreuzfahrten auf dem Windermere mit Abfahrt aus dem kleinen Hafen in Ambleside bieten eine gute Gelegenheit, die Landschaft zu entdecken, denn der See ist nur maximal eine Meile breit. Da der See keine Zuflüsse hat, mussten die Schiffe für die Rundfahrten vor Ort zusammen gebaut werden.


Bei Regenwetter ins Museum

Der Lake District mit seiner Lage zum Meer und seinem Gebirge zählt zu den feuchtesten Regionen in England. Gut für das auffällig üppigen Grün in der Natur, weniger gut für Wandertouren. Doch auch bei Regen sind die Wandersleute nur mit einer Kapuze geschützt, auf den unzähligen Wanderrouten unterwegs. Außerdem schafft das Regenwetter einen zusätzlichen Anlass, die Literaten der Romantik zu besuchen.

Überall haben sie in den Lakes ihre Spuren hinterlassen. In kleinen Orten sind in Häusern, in denen sie lebten, liebevoll kleine Museen eingerichtet worden. Dazu zählen für Beatrix Potter eine Galerie in dem Örtchen Hawkshead und ein Museum in Ambleside.


Die Heimat von Beatrix Potter

Obwohl in London geboren, zeigte schon die junge Beatrix Potter ihre enge Verbundenheit mit dem Lake District und dem ländlichen Leben inmitten der Natur. Sie entstammt einer Industriellen-Familie, die mit der Baumwoll-Industrie reich wurde. So hatte sie als junge Frau die Chance, ihre vielseitigen Talente zu entfalten.


  • Hawkshead
  • Bücher von Beatrix Potter

Als sie durch ihre literarischen Arbeit - insgesamt erschienen 19 Bücher - selbst vermögend wurde, kaufte sie insgesamt sieben Farmen in der Region auf. Das Museum ist auch eine kleine Galerie, in der Malerei und Zeichnungen ausgestellt sind. So illustrierte sie ihre weltweit berühmten Kinderbücher selbst wie den Bestseller „Tale of Peter Rabbit“ oder das Buch über die Ente Jemima Puddleduck.


Große Gartenkunst in Levens Hall

Wie in den meisten Regionen England zählen auch liebevoll angelegte Gärten zu den Schmuckstücken in den Lakes. Das Herrenhaus der Adelsfamilie Bagot, in enger Nachbarschaft zum Lake District und nicht weit entfernt von der Ortschaft Kendal, wird als eines der schönsten Häuser in Cumbria eingestuft. Berühmt wurde das Haus in der Kombination mit dem Garten, der im 17. Jahrhundert angelegt wurde.


Levens Hall


Die Anlage des Gartens ist das Kunst-Werk von Monsieur Beaumont, dem damaligen Gärtner von König James II. Besonders spekulativ und herausragend ist der kunstvolle Schnitt der Bäume und Sträucher mit seinen unterschiedlichen Formen.

Inmitten dieser sensationellen Gartenanlage hat auf einer der durchgängig gepflegten Rasenflächen, versteckt hinter hohen Hecken, der Westmorland Croquet Club sein Spielfeld. Durchgängig in weißen Anzügen gekleidete ältere Damen bugsieren mit handlichen Schlägern lässig und gekonnt große Kugeln durch kleine Tore. Am Spielfeldrand ein Tisch mit Teekanne und Geschirr für die Spielpausen - very british.


Croquet-Spiel

Auch das gesamte Gebäude mit seinen teilweise hunderte Jahre alten Möbeln und Ölgemälden ist beeindruckend. Die Wände sind durchgehend mit dunklem Holz getäfelt, kunstvoll bearbeitet wie auch die weiß gehaltenen Decken. In einem der Räume sind kleine Fotos der Familie aufgestellt. Sie zeigen die Bewohner in dem üppig und kostspielig traditionell eingerichteten Herrenhaus in sehr irdischem Aussehen. Selbstverständlich gibt es auch hier im Cafe des Herrenhauses für die Besucher WLAN - very british.


Herrenhaus Levens Hall


Ein Leuchtturm für die Admiralität

Ein Symbol im Nordwesten Englands und eines der prominentesten Wahrzeichen der Grafschaft Cumbria ist der Turm auf der Spitze vom Hoad Hill im Örtchen Ulverston. Das 133 Meter hohe Denkmal in Gestalt eines Leuchtturms wurde im Jahr 1850 zu Ehren von Sir John Barrow gesetzt, einem berühmten Vertreter der britischen Admiralität.


Hoad Hill


Er organisierte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Expeditions- und Entdeckungsreisen in alle Weltregionen und sorgte für andauernde Glanzzeiten des britischen Weltreiches. Ein bequemer Fußweg führt bis hinaus zum Turm und bietet bei guter Sicht einen weiten Blick in den Lake District. Hier oben treffen sich zwei Abschnitte von Englands Geschichte – der Weltmacht-Anspruch des britischen Imperiums durch die Admiralität und die englischen Literaten der Romantik in den Lakes.


Text und Fotos: Ronald Keusch, August 2017





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