Wenn es heutzutage gilt, eine Stadt vor dem Strom reiselustiger Touristen zu verstecken, dann machen die Planer der Autobahnen um den Ort einen weiten Bogen. So ist es dem kleinen reizenden Städtchen Saalfeld in Thüringen ergangen. Die Auffahrten zu den Autobahnen A9 von Berlin nach München und A4 von Dresden nach Erfurt sind auf schmalen Straßen mindestens 40 Kilometer entfernt. Doch so ein Versteck hat auch einen großen Vorteil. Gerade in der Hochsaison bekommen die Touristen mehr Platz.
Der Bürgermeister von Saalfeld, Dr. Steffen Kania, stellt zwar etwas bekümmert fest: “Wir haben eine Region, die viel zu bieten hat, aber touristisch noch etwas schlummert. Und ergänzt selbstbewusst: “Zugleich haben wir nicht die Besucherzahlen, die uns gut zu Gesicht stehen würden.“ Und wohl jeder, der nach Saalfeld und in die Region reist, wird bestätigen: Es gibt so viel zu sehen und zu entdecken, dass sich ein Besuch von Saalfeld lohnt.
Die bunt schillernden Feengrotten
Unangefochten an der Spitze der Sehenswürdigkeiten stehen in Saalfeld die Feengrotten. Hier haben Mensch und Natur ein farbenprächtiges Naturwunder geschaffen. Nahe der kleinen Bergstadt an der Saale wurde seit 1530 drei Jahrhundertelang in einer Grube Alaun-Schiefer abgebaut. Der Alaun wurde im Mittelalter in vielen Gewerken wie beim Gerben oder Bleichen verwendet, ehe die chemische Industrie die Salze billiger produzieren konnte und den mühseligen Abbau von Alaun beendete. Doch damit ist man mitten drin in der Geschichte der Saalfelder Felsgrotten. Im Laufe der Jahrhunderte bildeten sich in den verlassenen Stollen mittels unterschiedlicher Mineralien jene buntschillernden Gebilde und Tropfsteine, die die Grotten weltberühmt machten. Und so sind seit 1914 die Besucher im „Langen Stollen“ unterwegs, der sie von der mittleren auf die untere Sohle bringt. Schließlich werden sie zum Märchendom mit seiner einzigartigen Atmosphäre geführt, der Hauptattraktion unter Tage. An diesem besonderen Ort finden seit 1998 traditionell auch Hochzeiten statt und mehr als tausend Paare gaben sich hier unter Tage ihr Jawort.
Tief durchatmen im Heilstollen
Doch damit ist die Geschichte der Feengrotten noch nicht zu Ende erzählt. In einem separaten Grubenteil des Schaubergwerkes sind bereits seit 1937 Heilstollen eingerichtet. Die staub- und keimfreie, leicht radioaktive Luft verspricht Patienten mit solchen Beschwerden wie Asthma und Bronchitis sowie auch Allergien eine Linderung.
Schon zweistündige Therapien bieten auf Liegen, versorgt mit Decken und einer Tasse Tee in diesem einzigartigen Mikroklima unter der Erde nachhaltige medizinische Effekte. Außerdem sorgt die Ruhe im Berg bei den Gästen für ein Innehalten und Entschleunigung. In nächster Zeit erwarten die Feengrotten den 20. Millionsten Besucher seit der Eröffnung im Jahr 1914.
Feenwelten mit Gnomen und Trollen
Es ist schon eine geniale Idee, die unterirdischen farbenprächtigen Feengrotten zu ergänzen und auch noch überirdisch eine Feenwelt mit Gnomen und Trollen zu erschaffen. Der engagierten Geschäftsführerin der Saalfelder Feengrotten und der Tourismus GmbH, Yvonne Wagner, ist es mit ihrem Team und Verbündeten in der Stadt gelungen, den Sehnsuchtsort der Feengrotten mit dem Feenweltchen im Grünen zu erweitern. Seit 2008 werden im Feengrottenpark sommerliche Feen-Feste veranstaltet.
Zwei junge Frauen aus der Saalfelder Tourismus-GmbH, Anna und Nathalie, wandeln in bunten Feen-Kostümen mit kleinen Flügeln und Feenstaub im Haar. Verschlungene Pfade laden ein, den Garten der Feenpflanzen, den hellen Hain der Lichtelfen und das dunkle Reich der Waldgeister zu entdecken. Auf den Elfenwiesen wartet ein Schmetterlings-Dom, im Hain der Lichterelfen die Riech- und Fühlkästen und eine Elfenlauschbank und noch so vieles mehr im Feen-Salon. Von Mitte April bis Anfang November ist dieses Familienspektakel geöffnet und da sind auch immer die Feen unterwegs.
Stippvisite ins Mittelalter
Das kleine Städtchen Saalfeld hat schon vor 20 Jahren eine 1100 Jahr-Feier begangen und wird mit gebotener Ehrfurcht auch als steinerne Chronik Thüringens bezeichnet. Hier findet der Besucher noch viele architektonische Zeugen, da der mittelalterlich geprägte Ort das große Glück hatte, im 2. Weltkrieg nur sehr geringe Schäden erleiden zu müssen.
Rundfahrten auf dem Stausee
Für manchen überraschend gibt es in der Saaleregion mit seinen ausgedehnten Waldgebieten sogar ein „Thüringer Meer“. Dieses Phänomen schafft die Saale, die in einer Kaskade 75 Kilometer durch Felsen fließt und dabei fünf Mal gestaut wird. So entstand ganz in der Nähe von Saalfeld der Staudamm Hohenwarte mit dem gleichnamigen drittgrößten Stausee in Deutschland.
Er ist 27 Kilometer lang und einen Kilometer breit. Hier ist das Fahrgastschiff MS „Saaleland“ unterwegs, das mit Touristen große Rundfahrten auf dem Stausee mit einer Fläche von mehr als sieben Quadratkilometer unternimmt.
Historisches im Zeughaus und Kaisersaal
Wie das Thüringer Meer geografisch-geologische Geschichten erzählt, so gibt es ebenfalls im Schwarza-Tal, im südwestlichen Einzugsgebiet von Saalfeld, spannende historischen Geschichten zu erfahren. Hier befinden sich die fürstlichen Erlebniswelten Schloss Schwarzburg und erlauben einen tiefen Blick in mittelalterliche Geschichte. So wurde Mitte der 90er Jahre von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten das Fürstliche Zeughaus Schwarzburg rekonstruiert und wieder eröffnet.
Es ist das einzig erhaltene frei stehende Zeughaus in Deutschland. Seine Rüstkammer diente als Waffenkammer des Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt mit einem Bestand von 4.000 Waffen, eine illustre Auswahl von Schlachtschwertern und Radschlossbüchsen, Kanonen und Standarten. Mindestens ebenso imposant ist die Ende des 17. Jahrhunderts im Schloss-Ensemble erbaute Pavillon-Anlage mit dem Kaisersaal-Gebäude. Im Kaisersaal sind in drei Reihen übereinander angeordnet 76 Bildnisse römischer, byzantinischer und deutscher Kaiser. Zu der Deckenmalerei sind in dem Saal Porträt-Medaillons angebracht. Die Gemälde erzählen etwas über die Selbstdarstellung der Dynastie der Grafen von Schwarzburg und ihrer Huldigung des habsburgischen Kaiserhauses in Wien.
Der Geist von Weimar in Schwarzburg
In der Schwarzburger Schlossanlage im Stammhaus des mächtigsten thüringischen Adelsgeschlechts erinnert eine Gedenktafel mit einem Foto eines Zivilisten im Mantel mit Hut noch an ein anderes historisches Ereignis. Am 11. August 1919 unterzeichnete hier der damalige Reichspräsident Friedrich Ebert die Weimarer Verfassung. Er wählte dieses Ort, weil hier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fortschrittliche Studenten schon damals für das Entstehen der ersten demokratischen Verfassung gekämpft hatten.
Die allseits beliebte Bergbahn
Für den standesgemäßen Besuch im Schwarzatal ist die Fahrt auf zwei Schienen mit der Berglandbahn eine angenehme Pflicht. Mit dieser Oberweißbacher Bergbahn werden wie zur Eröffnung der Standseilbahn vor einhundert Jahren die 323 Höhenmeter auf einer Gesamtstrecke von 1400 Meter Länge überwunden.
Mittlerweile ist der Güterverkehr eingestellt. Doch bei den Touristen wie auch den Einheimischen ist die Bahn, die im Halbstundentakt unterwegs ist, sehr beliebt. Denn sie bietet nicht nur diese einzigartige Technik, sondern eine entspannte Fahrt und ausreichend Muße für herrliche Ausblicke ins Schwarzatal und in die Saalfeld insgesamt umgebende Thüringer Landschaft.